Praeludium – die frühen Jahre des Horst Paul Wunderlich

Arbeiten, Fotos und Dokumente der Jahre 1945–1958

Viele Werke des mehrere tausend Arbeiten umfassenden Œuvres des Künstlers Paul Wunderlich konnten in den zurückliegenden 13 Jahren, seit der Eröffnung des Paul-Wunderlich-Hauses, einer interessierten Öffentlichkeit präsentiert werden.
Ausgenommen davon waren bisher frühe Studien aus den vierziger und fünfziger Jahren. Wenige Zeichnungen und kleine Auflagen von Druckgrafiken aus dieser Zeit sind über schwer nachvollziehbare Wege in private Sammlungen aufgenommen worden. Einen Großteil der Malerei und Grafik aus dieser Zeit vernichtete Wunderlich, da für ihn das eigene Werk erst mit dem Beginn der sechziger Jahre Bestand hatte.

Durch einen glücklichen Umstand konnte die „Stiftung für das Paul-Wunderlich-Haus“ einen Teil, der durch private Sammler*innen bewahrten, noch vorhandenen frühen Arbeiten, ankaufen. Diese Skizzen, Studien und Drucke sind Zeitdokumente und Belege eines zeigenswerten künstlerischen Vorspiels – ein Praeludium, in dem die Grundlagen für das erfolgreiche Wirken des Künstlers in den folgenden Jahrzehnten gelegt wurden.

Die Paul-Wunderlich-Stiftung präsentiert in der Geburtsstadt des Künstlers eine Auswahl dieser ersten Arbeiten. Darunter befinden sich Portraitzeichnungen von Familienmitgliedern, Stillleben und Sujets der Innenräume des Schlosses Eutin, in dem die Familie Wunderlich mit anderen Flüchtlingen nach dem Kriegsende untergebracht war. Druckgrafiken aus Wunderlichs Studienzeit und der Zeit seiner ersten Lehrtätigkeit an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg, lassen künstlerische Fortschritte, aber auch die Einflüsse seiner Lehrer und Professoren erkennen. Insbesondere in der Druckgrafik sind die Einflüsse seiner Akademielehrer Alfred Mahlau, Willem Grimm und Willi Titze unverkennbar. Sie führten die realistischen Traditionen auch nach 1945 bis weit in die fünfziger Jahre fort, als sich in zunehmendem Maße europäische und deutsche Künstler der Abstrakten Kunst zuwandten. Es sind die Arbeiten eines Suchenden, Lernenden – eines Studierenden, der viele Anregungen aufnahm, um den eigenen Weg zu finden.

Diese sehr persönlichen Studienblätter und Drucke wurden ergänzt durch Dokumente, Fotos und Briefe aus dieser Zeit, die uns freundlicherweise von der Familie des Künstlers zur Verfügung gestellt wurden. Diese Zusammenstellung zeichnet ein interessantes Zeitbild des Umfeldes, in dem Paul Wunderlich nach dem Kriegsende seine ersten künstlerischen Schritte ging.

Nur sehr wenige Malereien sind aus dieser Zeit bewahrt. Vor allem in den Jahren 1957 und 58 entstanden sehr viele Tempera-Arbeiten auf Papier. Wunderlich hatte sich in dieser Zeit sehr intensiv mit der informellen Malerei auseinandergesetzt. Es entstanden über 300 ungegenständliche Farbkompositionen, in denen er die Möglichkeiten der Abstraktion auslotete. Diesen kurzen Zeitraum der ungegenständlichen, informellen Gestaltung können wir mit sehr interessanten Leihgaben aus den Sammlungen von Brigitte Hoffmann und Holger Jedrkowiak belegen. Sie haben einen großen Seltenheitswert. In einer Ausmerzungsaktion hatte Paul Wunderlich 1959 den Großteil dieser Arbeiten zerstört, da ihm die informelle Methode zu unverbindlich erschien und er erst die Arbeiten, die im Jahre 1959 entstanden als Beginn seines künstlerischen Werdeganges akzeptierte.
Dieser Umweg war für sein Werk von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die im Informel gesammelten Erfahrungen bei der Strukturierung der Bildgründe in der Malerei und in den Lithografien wurde zu einem die Jahrzehnte prägenden Qualitätsmerkmal der Wunderlichen figuralen Gestaltungen.

Dialoge – Karin Székessy porträtiert Bildende Künstler

Beeindruckende Porträts aus sechs Jahrzehnten

Am 2. März 2019 wurde im  1. Obergeschoss des Paul-Wunderlich-Hauses Eberswalde die neue Sonderausstellung in Anwesenheit der Künstlerin und des Landrates feierlich eröffnet.  Die Laudatio hielt Thomas Kumlehn, Potsdam.

Karin Székessy zählt zu den wichtigsten Fotografinnen Deutschlands. Neben ihren sehr einfühlsamen Fotografien des weiblichen Aktes widmet sie sich immer wieder der Porträtfotografie. Inspiriert durch Begegnungen mit Malern, Zeichnern, Grafikern und Bildhauern aus ihrem künstlerischen Umfeld, entstehen seit den 1960er Jahren bis heute sehr lebendige und authentische Künstlerporträts.
In den zumeist in schwarz/weiß festgehaltenen Arbeiten gelingt es Karin Székessy, die enge Verzahnung zwischen dem dargestellten Künstler und seiner Kunst in die Fotografie mit einfließen zu lassen.

Die Ausstellung »Dialoge« auf zwei Etagen des Paul-Wunderlich-Hauses wird für den Besucher zu einer Reise durch die Kunstgeschichte der letzten sechs Jahrzehnte. Immer wieder hat Karin Székessy die Gelegenheit genutzt, markante Künstlergesichter auf Zelluloid zu bannen, wenn sich ihre oder Paul Wunderlichs Wege mit denen der Künstlerkollegen kreuzten. Hinter jedem Porträtfoto verbirgt sich eine Geschichte – ein biografisches Puzzleteil aus dem Leben der Familie Wunderlich.

Die Paul-Wunderlich-Stiftung präsentiert Porträts von 100 Bildenden Künstlern, die deutsche und europäische Kunstgeschichte geschrieben haben.

Dank der Unterstützung von Karin Székessy, der Galerie Levy in Hamburg, dem HR Giger Museum, Gruyeres und anderer privater Leihgeber können viele der Fotos mit den Arbeiten der vorgestellten Künstler in einen Dialog treten.
So bietet sich dem Betrachter die zweifache Möglichkeit den vorgestellten Künstlern zu begegnen und mit ihnen selbst einen inneren Dialog zu führen.

Bilder von der Ausstellungseröffnung am 2. März mit der ausstellenden Fotografin Karin Székessy und der abendlichen Schauspielerlesung mit Suzanne von Borsody und dem Trio Azul. Fotos: Torsten Stapel